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Newsletter Erbrecht und Vermögensnachfolge Issue 7|2022

Wohnungseigentum – ein Spezialfall im Erbrecht

2. November 2022

1. Einleitung

Grundsätzlich kann jeder mit einer gültigen letztwilligen Verfügung über sein Vermögen frei verfügen und seine Erben frei bestimmen. Die sogenannte „Testierfreiheit“ ist gesetzlich nur in wenigen Punkten eingeschränkt. Zu nennen ist hier etwa das Pflichtteilsrecht. Aber auch bei der Vererbung von Wohnungseigentumsanteilen sieht § 14 WEG spezielle Regelungen vor. Nach dem WEG können zwei natürliche Personen als Eigentümerpartner gemeinsam zu gleichen Teilen Eigentümer einer Wohnung sein. Die beiden Hälfteanteile sind so verbunden, dass sie nicht getrennt, beschränkt, belastet oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürfen. Jeder Partner kann seinen Anteil nur mit Zustimmung des anderen Partners veräußern. Nachfolgend wird dargestellt, welche Regelungen im Fall des Todes eines Eigentümerpartners gelten und welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen.

2. Erbfolge nach dem WEG

2.1 Beschränkte Anzahl von Eigentümern

Zunächst ist die Anzahl gemeinsamer Wohnungseigentümer nach §§ 2 Abs 10 iVm 12 Abs 2 WEG gesetzlich auf zwei Personen beschränkt. Die Vererbung eines Wohnungseigentums an drei Personen ist daher nicht möglich. Überschreitet die Anzahl der Erben die Anzahl der erlaubten Wohnungseigentümer, besteht die Möglichkeit, dass die Erben eine Gesellschaft gründen und die Eigentumswohnung in die Gesellschaft eingebracht wird. Die Erben sind dann über die zwischengeschaltete Gesellschaft Eigentümer der Wohnung.

2.2 Anwachsung

Grundsatzregel ist, dass der Anteil des Verstorbenen nach § 14 Abs 1 WEG ex lege in das Eigentum des überlebenden Wohnungseigentumspartners übergeht (die sogenannte Anwachsung). Der überlebende Eigentümerpartner erwirbt sohin im Todeszeitpunkt das Eigentum an dem Hälfteanteil des verstorbenen Partners.

Als Gegenleistung hat der Berechtigte den sogenannten Übernahmepreis zu entrichten. Dieser ist an den Nachlass zu bezahlen und kommt den Erben zugute. Die Höhe des Übernahmspreises beträgt nach § 14 Abs 2 WEG grundsätzlich die Hälfte des Verkehrswertes des gesamten Mindestanteiles, hängt aber auch letztlich von weiteren Faktoren ab, wie zB das Vorliegen eines dringenden Wohnbedürfnisses. Neben anderen Pflichtteilsberechtigten beträgt der Übernahmepreis beispielsweise nur ein Viertel.

Die Zahlungspflicht des überlebenden Partners kann durch letztwillige Verfügung oder Schenkung auf den Todesfall auch gänzlich erlassen werden.

2.3 Abweichende Vereinbarung zu Lebzeiten

Von der Grundregel der Anwachsung können die Partner abweichen: § 14 Abs 5 WEG räumt den Eigentümerpartnern die Möglichkeit ein, zu Lebzeiten gemeinsam eine dritte Person zu bestimmen (Begünstigter), die den Hälfteanteil im Todesfall eines Eigentümerpartners erwerben soll. Die Vereinbarung ist nur dann wirksam, wenn sie schriftlich vor einem Notar oder unter anwaltlicher Mitwirkung abgeschlossen wurde. Eine einseitige Bestimmung durch einen der Eigentümerpartner – etwa in dessen Testament – wäre hingegen unzulässig.

Die Höhe des Übernahmspreises ist nach denselben Regelungen zu bestimmen wie für Anwachsungsberechtigte und beträgt somit grundsätzlich die Hälfte des Verkehrswertes des gesamten Mindestanteiles.

2.4 Abweichende Vereinbarung nach Todesfall

Wenn zu Lebzeiten keine Vereinbarung abgeschlossen wurde, dann kann der überlebende Eigentümerpartner nach § 14 Abs 1 Z 2 WEG auf die Anwachsung verzichten oder nach dem Todesfall eine Vereinbarung abschließen, wonach der Hälfteanteil an eine andere Person übertragen werden soll. Im Falle des Verzichtes ist das gesamte Eigentumsobjekt, also der Anteil des Verstorbenen und des überlebenden Partners, vom Verlassenschaftsgericht öffentlich feilzubieten. Der Erlös fällt je zur Hälfe dem Nachlass und dem überlebenden Wohnungseigentumspartner zu.

3. Empfehlung

Wohnungseigentümer sollten sich mit den erbrechtlichen Sondervorschriften des WEG auseinandersetzen und prüfen, ob die dort vorgesehenen Regelungen in ihrem Fall Anwendung finden sollen. Falls nicht, gilt es abweichende Vereinbarungen bzw eine letztwillige Verfügung zu treffen. Zu beachten ist dabei insbesondere – wie stets bei erbrechtlichen Gestaltungen – das Pflichtteilsrecht.

DDr. Katharina Müller, TEP / Dr. Martin Melzer, LL.M.

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