Das Thema Erben/Vererben ist in vielen Familien aus mehreren Gründen ein schwieriges:
Zum einen zeigt die Erfahrung, dass sich die meisten Menschen nicht gerne mit der eigenen Endlichkeit auseinandersetzen. Deshalb scheuen sie das Thema und schieben etwa die Errichtung eines Testamentes vor sich her. Dies wird auch durch verschiedene Erhebungen bestätigt, wonach nur jede 5. Person in Österreich ein Testament hat.
Zum anderen berührt das Thema gleich zwei sensible Bereiche, nämlich Familie und Vermögen. Über sein Vermögen spricht der gelernte Österreicher schon generell nicht gern. Kommen dann noch emotionale Faktoren innerhalb der familiären Strukturen hinzu, wird die Sache freilich nicht einfacher.
Dabei wäre es durchaus wichtig, bestimmte Dinge offen anzusprechen und zu diskutieren. Dies kann Verständnis und Akzeptanz bei den Beteiligten schaffen und kostspielige und nervenaufreibende Erbrechtsstreitigkeiten verhindern. Doch wie gelingt ein solches Gespräch?
- Vorbereitung
Wichtig ist, dass bei den Beteiligten ein gewisses Grundverständnis über das Erbrecht besteht. Obwohl das Erben bzw Vererben jeden Menschen zumindest einmal in seinem Leben betrifft, ist das Wissen über die rechtliche Ausgangslage erfahrungsgemäß überraschend begrenzt. Es gibt klassische Irrtümer im Erbrecht, die uns in unserer praktischen Arbeit immer wieder unterkommen, wie zB
- LebensgefährtInnen seien immer erbberechtigt;
- ein am Computer geschriebenes Testament wird durch bloßes Unterschreiben wirksam;
- lebzeitige Schenkungen spielen in der Verlassenschaft keine Rolle mehr.
Es empfiehlt sich daher, bereits vor dem Gespräch mit der Familie gewisse Fragen abzuklären. Hier sollte vor allem abgeklärt werden, welche allfälligen Hindernisse der gewünschten Vermögensaufteilung entgegenstehen (zB das Pflichtteilsrecht) und wie diese gelöst werden können.
- Emotionen und Motive
Erbrechtsstreitigkeiten haben ihren Ursprung oft in emotionalen Kränkungen/Konflikten, die hier ein Ventil finden. Nimmt man sich daher vor, das Thema Erben direkt anzusprechen, muss man sich darauf gefasst machen, dass im Zuge dieses Gespräches grundsätzliche familiäre Konflikte angesprochen werden. Dies kann aber freilich auch als Chance gesehen werden.
Besonders wichtig ist es gerade bei größeren oder emotional aufgeladenen Vermögenswerten, dass den Erben die Motive für die gewünschte Vermögensaufteilung kommuniziert werden. Dies kann dazu beitragen, dass die Verfügung von den Erben eher akzeptiert wird.
- Transparenz
Fehlende Offenheit über letztwillige Verfügungen oder Anordnungen schafft in der Regel Unverständnis und Ablehnung bei denjenigen, die sich schon als Erben sahen und enttäuscht zur Kenntnis nehmen müssen, dass andere zum Zug kommen.
In der Regel sollte die Diskussion mit den Betroffenen daher transparent geführt werden. Dazu gehört auch, dass Vermögenswerte und allenfalls deren Bewertung offen kommuniziert werden. Das gleiche gilt für Schenkungen, die bereits zu Lebzeiten getätigt wurden oder noch gemacht werden sollen.
- Diskussionsbereitschaft
Das Gespräch sollte nicht als ein bloßes Präsentieren des bereits gefassten und in Stein gemeißelten letzten Willen angelegt werden. Ein aufoktroyiertes Testament wird weniger akzeptiert werden, als ein zuvor diskutiertes. Es ist daher wichtig, dass die Sorgen, Anliegen und Wünsche der späteren Erben gehört, diskutiert und allenfalls in die Verfügung eingearbeitet werden. Das schafft zumindest Verständnis und hilft, Konflikte zu vermeiden. Im besten Fall wird gemeinsam eine Verfügung erarbeitet, die von allen Beteiligten akzeptiert und gut geheißen wird.
Katharina Müller/Martin Melzer