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Wie gelingt die Unternehmensnachfolge ohne Familienkonflikte?

Bei der Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen gibt es zahlreiche Faktoren, die über Erfolg oder Scheitern einer Nachfolgelösung entscheiden. Zentral ist dabei, die Nachfolge auf unterschiedlichen Ebenen zu diskutieren und strukturiert nach emotionaler, rechtlicher und steuerlicher Nachfolgelösung zu betrachten. Ein rechtzeitig und offen geführter Diskussionsprozess in der Familie, Klarheit und Transparenz für alle Beteiligten und eine aktive Kommunikation stehen dabei im Vordergrund.

Die tatsächliche Ausgestaltung und der organisatorische und zeitliche Ablauf unterscheiden sich letztlich freilich erheblich in Abhängigkeit davon, welche Art der Unternehmensnachfolge angestrebt wird (zB Übergabe an die Kinder oder Verkauf des Unternehmens). Im nachfolgenden Blogbeitrag wird ein Überblick über die rechtlichen Aspekte der – Unternehmensnachfolge in der Familie gegeben. 

Rechtliche Aspekte der Unternehmensnachfolge

Die rechtliche Gestaltung einer Unternehmensnachfolge ist komplex und betrifft zahlreiche Rechtsgebiete. Im Vordergrund stehen meist das Erb- und Gesellschaftsrecht, jedoch müssen auch weitere Bereiche wie Miet-, Gewerbe-, Haftungs-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht berücksichtigt werden. Besonders kritisch ist das Pflichtteilsrecht, das bei Unternehmensübertragungen sowohl zu Lebzeiten (über die Regeln der pflichtteilsrechtlichen Schenkungsanrechnung) als auch im Todesfall regelmäßig Konfliktpotenzial birgt.

Unternehmensnachfolge unter Lebenden

Häufig werden Unternehmen bereits zu Lebzeiten der Übergeber im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge übergeben. Der Vorteil ist, dass der Übergeber die Entwicklung des Nachfolgers beobachten und gegebenenfalls korrigierend eingreifen kann. Bei der Unternehmensnachfolge zu Lebzeiten gibt es zwei Hauptformen, nämlich die sofortige und die sukzessive Übertragung.

Die sofortige Übertragung erfolgt typischerweise durch einen Übergabevertrag, der Elemente aus Familien-, Erb- und Gesellschaftsrecht enthält. Solche Verträge können als Schenkung, entgeltliches Geschäft oder Mischform gestaltet sein. Die rein entgeltliche Übergabe scheitert oft an der Finanzierungskraft des Nachfolgers. Die gängige Praxis ist daher eine sogenannte „gemischte Schenkung“, bei der z. B. Versorgungsleistungen für den Übergeber (z. B. Leibrente, Fruchtgenussrechte) vereinbart werden. Solche Leistungen können auch jenen Kindern eingeräumt werden, die das Unternehmen nicht übernehmen, wodurch pflichtteilsrechtliche Ansprüche abgefedert werden können.

Bei der sukzessiven Übertragung erfolgt die Übergabe an den Nachfolger schrittweise, etwa zeitlich gestaffelt oder abhängig vom Erreichen bestimmter Unternehmensziele. Um den Übergeber zu schützen, können ihm besondere gesellschaftsrechtliche Kontroll- oder Mitwirkungsrechte eingeräumt werden – etwa eine disproportionale Stimmrechtsverteilung oder die Einrichtung eines Unternehmensbeirats zur Wahrnehmung von Aufsichtsrechten.

Besondere Schwierigkeiten bei der Gestaltung von Unternehmensnachfolgekonzepten bereitet das Pflichtteilsrecht. Vereinfacht gesagt, wird das zu Lebzeiten übergebene Unternehmen wertmäßig bei der Pflichtteilsbemessung berücksichtigt.  Die so entstehenden hohen Pflichtteilsansprüche können den Unternehmensnachfolger finanziell überfordern oder sogar einen Unternehmensverkauf erzwingen.

Unternehmensnachfolge von Todes wegen

Wird das Unternehmen testamentarisch oder durch gesetzliche Erbfolge weitergegeben, sind erbrechtliche und gesellschaftsvertragliche Regelungen präzise aufeinander abzustimmen. Auch hier ist die proaktive Lösung der Pflichtteilsfrage von zentraler Bedeutung. Die folgenden Instrumente können hierzu beispielsweise eingesetzt werden:

  • Abschluss von Pflichtteilsverzichtsvereinbarungen gegen Abfindung
  • die Einräumung von Rechtspositionen (zB Fruchtgenussrechte) über die der Pflichtteilsanspruch sukzessive gedeckt wird
  • Stundung des Pflichtteils

Die Stundung des Pflichtteils kann in einer letztwilligen Verfügung für einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren angeordnet werden. Das Gericht kann – auf Antrag – sogar eine Stundung von bis zu zehn Jahren bewilligen, wenn ansonsten der Fortbestand eines Unternehmens gefährdet wäre. Damit soll verhindert werden, dass Pflichtteilsansprüche zu einer Zerschlagung oder einem Verkauf des Unternehmens führen.

Minderjährige Erben

Minderjährige Kinder als Unternehmensbeteiligte können erhebliche Probleme verursachen, da ihre Vermögensverwaltung teilweise unter Aufsicht des Pflegschaftsgerichts steht. Dies betrifft vor allem auch einen allfälligen unternehmerischen Bereich. Es ist daher ratsam, den Übergang von Gesellschaftsanteilen an Minderjährige zu verhindern bzw so lange hinauszuzögern, bis die Kinder volljährig sind. Dies kann etwa durch die testamentarische Anordnung einer Nacherbschaft bis zur Volljährigkeit erreicht werden. Auch bei solchen Gestaltungen sind die Pflichtteilsansprüche abzusichern.

Fazit

Die Unternehmensnachfolge ist ein komplexer (rechtlicher) Prozess mit zahlreichen Stolpersteinen. Erfolgreich ist sie in der Regel nur dann, wenn sie frühzeitig, vorausschauend und offen geplant und diskutiert wird. Die Einbeziehung der Unternehmensnachfolger und auch jener Kinder, die das Unternehmen nicht übernehmen, verhindert spätere Konflikte und gerichtliche Auseinandersetzungen. Zentrale Bedeutung kommt dem Pflichtteilsrecht zu, da die Ansprüche weichender Erben potenziell existenzbedrohende Folgen für das Unternehmen haben können. Eine rechtzeitige und sorgfältige Nachfolgeplanung ist daher unerlässlich.

Katharina Müller/Martin Melzer

Der Artikel ershien am 23.5.2025: https://www.derstandard.at/story/3000000270619/wie-gelingt-die-unternehmensnachfolge-ohne-familienkonflikte