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Was das „Aus“ der Wiener Zeitung aus rechtlicher Sicht bedeutet

Newsletter Corporate/M&A Issue 3|2023

17. August 2023

Die älteste Zeitung der Welt hat nach mehr als 320 Jahren die tägliche Druckausgabe eingestellt. Doch was ist der Grund und wie kam es dazu? Und welche Folgen sind hiermit verbunden? Gerade für Kapitalgesellschaften, vorwiegend natürlich Aktiengesellschaften, aber auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung, war die Wiener Zeitung bislang von großer Bedeutung, sind doch bestimmte gesellschaftsrechtliche Vorgehen gemäß den Bestimmungen des Aktiengesetzes in der Wiener Zeitung zu veröffentlichen gewesen. Bei der GmbH gilt dies insbesondere für Änderungen des Gesellschaftsvertrags, welche gemäß § 51 GmbHG im Amtsblatt der Wiener Zeitung zu veröffentlichen waren. Zu Denken ist dabei aber auch an § 18 AktG, der unter anderem besagt: „Bestimmt das Gesetz oder die Satzung, daß eine Veröffentlichung der Gesellschaft zu erfolgen hat, so ist sie in der „Wiener Zeitung“ einzurücken.“ Verweise auf § 18 AktG gibt es unter anderem in § 107 AktG, der die Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung verlangt, in § 187 AktG, der dem Gläubigerschutz dient oder in § 208 AktG, der die Aufforderung der Gläubiger zur Anmeldung der Ansprüche aufgrund der Abwicklung der Gesellschaft veröffentlichen soll. Aber auch Bilanzen oder Jahresabschlüsse sind in der Wiener Zeitung zu veröffentlichen. Hier ein kurzer Überblick über das Gesetz und wie künftig vorzugehen ist:

Besiegelt wurde das „Aus“ der Wiener Zeitung im sogenannten Bundesgesetz über die Wiener Zeitung GmbH und Einrichtung einer elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes – kurz WZEVI-Gesetz. Einer der Hauptgesichtspunkte ist, die kostenpflichtige Veröffentlichungspflicht in Papierform in der Wiener Zeitung abzuschaffen und damit die Unternehmen zu entlasten. Die Wiener Zeitung ist somit von nun an als Online-Medium zu führen und nur nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel auch in Print herauszugeben (siehe § 3 WZEVI-Gesetz). Gemäß § 2 Abs 1 Z 3 WZEVI-Gesetz hat die Wiener Zeitung nun die Aufgabe, eine elektronische Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes („EVI“) zu errichten und zu betreiben. Über EVI sollen Verlautbarungen zentral veröffentlicht werden und ein vereinfachter und vereinheitlichter Zugang zu den Verlautbarungen geschaffen werden (siehe § 5 Abs 3 WZEVI-Gesetz). Wenn ein Bundesgesetz die Veröffentlichung in der Wiener Zeitung oder im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vorgibt, ist nicht mehr in dieser, sondern online auf der EVI zu veröffentlichen. Dies ist für die betroffenen Unternehmen unentgeltlich, soweit die zu veröffentlichenden Daten im elektronischen Wege ohne weiteren Aufwand für die Wiener Zeitung bereitgestellt werden. Auch der Zugang selbst zu den Veröffentlichungen ist unentgeltlich. Vorstehendes gilt seit 1. Juli 2023.

Aus Sicht der betroffenen Unternehmen ist das neue Gesetz natürlich uneingeschränkt als positiv zu bewerten, waren doch Einschaltungen im Amtsblatt (je nach Umfang) bisher mitunter sehr teuer. Vor dem Hintergrund journalistischer Vielfalt wurde und wird die Reform freilich recht kontrovers diskutiert….

Matthias Konrad, LL.M. / Mag. Jakob Schweighofer

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