Grundsätzlich erfolgt die Vertretung des Nachlasses durch den Erben, der bei Antritt der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist. Trifft dies auf mehrere Personen zu, vertreten sie die Verlassenschaft gemeinsam.
Es gibt aber auch Situationen, in denen eine Vertretung des Nachlasses durch die Erben nicht möglich ist, etwa wenn die Erben streiten oder das Erbrecht selbst noch strittig ist. In diesen Fällen ist ein Verlassenschaftskurator zu bestellen, wenn es Geschäfte für die Verlassenschaft zu erledigen gibt.
Welche vermögensrechtlichen Konsequenzen die Bestellung eines Verlassenschaftskurators im Streitfall nach sich zieht, ist den meisten Erben nicht bewusst. Im nachfolgenden Beitrag soll ein Überblick über die Fälle, in denen eine gerichtliche Bestellung eines Verlassenschaftskurators erfolgt, sowie die Konsequenzen einer solchen Bestellung gegeben werden.
- Voraussetzungen
Ein Verlassenschaftskurator ist im Verlassenschaftsverfahren in zwei Konstellationen zu bestellen. Zum einen, wenn zwischen den Erben Uneinigkeit über die Art der Vertretung oder einzelne Vertretungshandlungen herrscht, zum anderen, wenn die möglichen Erben widersprechende Erbantrittserklärungen abgeben und deswegen ein Verfahren über das Erbrecht einzuleiten ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Gültigkeit eines Testaments von den gesetzlichen Erben in Zweifel gezogen wird. Im Rahmen des sogenannten Erbrechtsverfahrens wird geklärt, wer nun der rechtmäßige Erbe ist.
In beiden Fällen ist ein Verlassenschaftskurator zu bestellen, wenn notwendige Vertretungshandlungen zu besorgen sind. Dies kann der Fall sein, wenn etwa Liegenschaften in die Verlassenschaft fallen, die zu verwalten sind, eine Steuererklärung abzugeben ist oder Veranlagungsentscheidungen zu treffen sind. Diese Vertretungshandlungen hat der Verlassenschaftskurator zu setzen.
- Gerichtliche Bestellung
Die Bestellung eines Verlassenschaftskurators erfolgt entweder auf Antrag oder von Amts wegen durch das Gericht. Der Verlassenschaftskurator ist ab seiner Bestellung anstelle der Erben mit der Vertretung, der Verwaltung und der Entscheidung über die Benützung des Nachlasses betraut.
Hat der Erblasser ein Testament errichtet und in diesem eine Person zur Vertretung der Verlassenschaft eingesetzt (zB Testamentsvollstrecker), hat das Gericht diese Person tunlichst zum Verlassenschaftskurator zu bestellen.
- Abbestellung
Erfolgte die Bestellung aufgrund der Abgabe widerstreitender Erbantrittserklärungen wird der Verlassenschaftskurator abbestellt, wenn das Verfahren über das Erbrecht rechtskräftig beendet ist und der Erbe feststeht. Bei einer Bestellung aufgrund Uneinigkeiten über die Art der Vertretung oder einzelnen Vertretungshandlungen bleibt die Bestellung des Verlassenschaftskurators grundsätzlich auch nach Vornahme der strittigen Vertretungshandlung bis zur Einantwortung aufrecht, um eine wiederholte Befassung des Gerichts, ob gerade Einigkeit zwischen den Erben vorliegt oder nicht, zu vermeiden.
Sobald der Verlassenschaftskurator seines Amtes enthoben wurde, lebt die Vertretungsbefugnis der Erben ex lege ab dem Zeitpunkt der Enthebung wieder auf.
- Vergütungsanspruch
Der Verlassenschaftskurator hat Anspruch auf eine angemessene jährliche Entschädigung. Diese Vergütung beträgt grundsätzlich fünf Prozent des Verlassenschaftsvermögens. Das Gericht hat die Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen für angemessen hält, insbesondere wenn die Tätigkeit nach Art und Umfang lediglich mit einem bloß geringen Aufwand an Zeit und Mühe verbunden ist oder die Verlassenschaft ein besonders hohes Vermögen hat. Das Gericht kann die Entschädigung aber unter bestimmten Umständen auch auf zehn Prozent erhöhen.
Die Vergütung wird vom Gericht beschlussmäßig zugesprochen und ist aus der Verlassenschaft zu bezahlen. Bei einem Streit, der sich über mehrere Jahre zieht, kommt es also rasch zu hohen (unvermeidbaren) Kosten, die die Verlassenschaft reduzieren. Die Vergütung kann also im Einzelfall durchaus erheblich sein und geht letztlich zu Lasten der Erben.
- Fazit
Die Bestellung eines Verlassenschaftskurators hat im Wesentlichen immer dann zu erfolgen, wenn Streit zwischen den (möglichen) Erben darüber besteht, durch wen oder auf welche Art die Verlassenschaft zu vertreten ist. Sie führt regelmäßig zu hohen Kosten, welche aus dem Vermögen der Verlassenschaft beglichen werden müssen. Das sollten Erben im Rahmen einer Auseinandersetzung über strittige Themen oder auch das Erbrecht an sich berücksichtigen; eine Kompromisslösung wird oftmals wirtschaftlich vernünftiger sein als ein mit hohen Kosten verbundener jahrelanger Streit.
Katharina Müller/Martin Melzer
Den am 18.8.2025 erschienen Blog-Beitrag finden Sie online HIER