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Newsletter Start-ups und Wachstumsfinanzierung Issue 1|2020

Regierungsprogramm lässt Verbesserungen für Start-ups erwarten

12. Februar 2020

Das Regierungsprogramm der türkis-grünen Bundesregierung enthält an vielen Stellen Hinweise auf zu erwartende Verbesserungen für Start-ups und Wachstumsunternehmen. Dies primär in gesellschaftsrechtlicher und steuerlicher Hinsicht, wobei flexiblere Rechtsformen und steuerliche Anreize für Wachstumsfinanzierung ins Auge stechen. Nachfolgend fassen wir die wesentlichen Eckpunkte kurz zusammen:

  • Bei der Rechtsform der GmbH soll es insbesondere für Start-ups zu Flexibilisierungen kommen (etwa durch die Möglichkeit des Rückerwerbs eigener Anteile).
  • Die angedachte Senkung der Körperschaftssteuer auf 21%, der Entfall der Mindest-Körperschaftssteuer und die generelle Senkung des Stammkapitals auf EUR 10.000 dürften bei der Rechtsformwahl den ohnehin schon starken Trend zur GmbH noch einmal verstärken. Für diese Rechtsform könnten auch weitere Erleichterungen bei der Gründung (Stichwort: Ausweitung der online-Gründung) kommen.
  • Besonders aufhorchen lässt jedoch der Hinweis auf eine neue Gesellschaftsform, die wohl an der aus dem anglo-amerikanischen Raum bekannten „Limited“ angelehnt sein soll. Folgende Details kann man dem Regierungsprogramm dazu entnehmen: (i) unbürokratische Gründung (Stammkapital-Ansparmodelle, digitale Behördenwege, Englisch als Amtssprache); (ii) flexible Anteilsvergabe an mögliche Investoren sowie Mitarbeiter (mit minimalen, digitalen Behördenwegen); (iii) angepasst an österreichische Standards (z.B. Transparenz aller Gesellschafter); (iv) Einsatz auf europäischer Ebene, dass eine einheitliche, zeitgemäße Gesellschaftsform für innovative Start-ups und KMUs EU-weit umgesetzt wird („EU Limited“). Grundsätzlich könnte sich für Start-ups hier eine interessante Möglichkeit auftun. In der Beraterpraxis erleben wir gerade bei solchen Unternehmen durchaus Herausforderungen, insbesondere beim Gestalten von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen bei GmbHs und insgesamt im Bereich „work-for-equity“. Rechtlich bereitet neben der mangelnden Flexibilität bei Kapitalerhöhungen etwa die Immobilisierung der Geschäftsanteile durch die Notariatsaktspflicht besondere Kopfschmerzen. Ich bin gespannt, ob und wie weit in der neuen Regierungskonstellation Mut besteht, die Notare hier zurückzudrängen und echte Flexibilität zu schaffen. Interessant wird auch, ob und wie leicht man von der GmbH oder einer sonstigen Rechtsform in die neue „Limited“ wird umwandeln können. Wünschenswert wären zudem steuer- und sozialversicherungsrechtliche Begleitmaßnahmen insbesondere im Bereich Mitarbeiterbeteiligung.
  • Die im Regierungsprogramm erwähnten „steuerlichen Anreize für private Risikokapitalinvestitionen in innovative Start-ups und KMU“ sind längst überfällig. Zu erwarten sind dem Vernehmen nach eine Verlustverrechnungsmöglichkeit über mehrere Jahre und (in bestimmten Grenzen) die steuerliche Absetzbarkeit von Investments. Der verbesserte Zugang zu Risikokapital soll zudem auch über Maßnahmen abseits der Steuerpolitik verbessert werden. Zu nennen ist hier unter anderem die Idee eines „staatlich kofinanzierten Technologie-, Innovations- und Wachstums-Fonds, der Risikokapital zur Verfügung stellt und so die nachhaltige Etablierung von europäischen Schlüsseltechnologien unterstützt.
  • Gerade für Start-ups interessant sind auch die angedachten Erleichterungen bei der Kapitalmarktfinanzierung. Beim öffentlichen Anbieten von Finanzinstrumenten wird künftig ganz allgemein bis zu EUR 8 Millionen Angebotsvolumen ein vereinfachter Prospekt genügen. Damit würde (wie in Deutschland) der größtmögliche Spielraum aus den diesbezüglichen unionsrechtlichen Vorgaben genützt. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die 27,5% Wertpapier-KESt auf Kursgewinne mit Wertpapieren (nach Ablauf einer zu definierenden Behaltefrist) wieder entfallen wird. Ökologische und ethnische Investments sollen künftig gar gänzlich kapitalertragssteuerbefreit werden, was aufgrund des Entfalls auch der KESt auf Dividenden und Zinsen natürlich ein starker Anreiz für Anleger wäre.

Insgesamt sehe ich das neue Regierungsprogramm für Start-ups positiv. Interessant wird freilich, wie die Vorhaben letztlich mit Leben befüllt werden. Das gilt ganz besonders für die beschriebenen Flexibilisierungsbestrebungen. Aber auch bei den angedachten steuerlichen Vorteilen bleibt noch vieles vage.

Mag. Gernot Wilfling

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