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Newsletter Start-ups und Wachstumsfinanzierung Issue 1|2023

Gewährleistungen im Venture Capital Vertragswerk: Wer hat wofür einzustehen?

7. Juli 2023

Bevor Investor:innen in ein Start-up investieren, führen sie zwar Due Diligence-Prüfungen durch, um mögliche Mängel und Risiken zu erkennen. Sicherheit bekommt man damit aber freilich nicht und Investor:innen wollen zusätzliche Absicherung. Ein Instrument sind bestimmte vertragliche Zusagen zum Zustand der Zielgesellschaft. Aber wer gibt diese ab und wer hat letztlich in welcher Form dafür einzustehen, wenn eine Zusicherung falsch ist?

Bei diesem, häufig unter den Schlagwörtern „Gewährleistung“ oder „Garantie“ diskutierten Thema handelt es sich um ein ganz Zentrales im Zuge der Anbahnung von VC-Finanzierungen. Dabei ist in Österreich schon bei den Begrifflichkeiten Vorsicht geboten: Gewährleistung und Garantie sind nämlich nicht dasselbe. Auch wenn wir Unterschiede hier nicht weiter breittreten möchten und Interessierte hier auf unsere kommende Veranstaltung „Ausgewählte Aspekte des Unternehmens(ver)kaufs“ am 05.10.2023 verweisen möchten, ein kurzer Hinweis: Allgemein gilt, dass die Ausgestaltung als Gewährleistung für die Zielgesellschaft und die Altgesellschafter:innen günstig ist, die Ausgestaltung als (echte) Garantie für die Investor:innen. Auf diesen Punkt sollte man bereits bei der Textierung des Termsheets genau achten!

Der Strauß an möglichen Gewährleistungen/Garantien, die investor:innenseitig gewünscht sein mögen, ist bunt, unterscheidet sich (auch wenn sich natürlich ein gewisser Standard etabliert hat) mitunter im Detail durchaus und es hängt hier natürlich auch Vieles von der Branche der Zielgesellschaft ab. Generell ist aus Sicht der Altgesellschafter:innen natürlich erstrebenswert, so wenig wie möglich persönlich zusagen zu müssen und es ist natürlich darauf zu achten, dass der Katalog an Gewährleistungen/Garantien (den Altgesellschafter:innen und Zielgesellschaft insgesamt abgeben) einigermaßen maßvoll ist. Noch wichtiger ist jedoch, über Inhalt und Tragweite (so gut das überhaupt möglich ist) nachzudenken und keine Aussage zu tätigen, von der man weiß, dass sie nicht stimmt (hier bietet sich stattdessen an, den dahinter liegenden Umstand offen zu legen).

Besonders bitter ist für Gründer:innen natürlich, wenn sie bei (wenn auch nicht vorsätzlich) falschen Gewährleistungen/Garantien Investor:innen persönlich (also mit eigenem Geld) einstehen müssen. Daher ist anzustreben, dass persönlich nur für ganz fundamentale Umstände einzustehen ist (etwa dafür, dass man unbelastete/r Eigentümer:in seiner/ihrer Anteile ist und Investor:innen rechtswirksam ihre Beteiligung erwerben). Darüber hinaus behilft man sich mit Haftungsfreigrenzen und -höchstgrenzen und lässt möglichst die Zielgesellschaft Zusagen abgeben (und für deren Unrichtigkeit einstehen). Auch wenn die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit hier im Detail strittig ist (Stichwort: Einlagenrückgewähr) halte ich solche Zusagen der Zielgesellschaft, die ja letztlich aus der VC-Transaktion durch Zufuhr neuen Eigenkapitals massiv profitiert, zumindest bei maßvoller Gestaltung für zulässig. Was man ansonsten mitunter auch noch sieht ist, dass Investor:innen nicht in Geld, sondern durch zusätzliche Anteile kompensiert werden, wenn es aufgrund von verletzten Zusagen zu Wertminderungen kommt (was dann naturgemäß zu einer Verwässerung der anderen Gesellschafter:innen führt).

Nicht nur aufgrund der vorstehenden Thematik, sondern aufgrund vielfacher weiterer Absicherungswünsche von Investor:innen ist der Investor:inneneinstieg ein Vorgang von enormer Tragweite für die Zielgesellschaft und deren bisherige Gesellschafter:innen. Lasst euch dabei unbedingt von erfahrenen Berater:innen unterstützen, und zwar möglichst frühzeitig! Was man etwa bereits in einem Termsheet/LoI/MoU etc zugestanden hat, lässt sich im Zuge der Verhandlung der finalen Transaktionsdokumentation nämlich nur mehr schwer ausbügeln!

Mag. Gernot Wilfling

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