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Newsletter Corporate/M&A Issue 2|2023

Gastbeitrag: Der hidden Champion – Transaktionsrisikoversicherung

2. Juni 2023

Die Nerven liegen blank und nach wochenlangen Verhandlungen wird die Transaktion abgesagt. Wenn sich die Parteien bei Gewährleistungsthemen uneins sind kann die Transaktionsrisikoversicherung vielfach Abhilfe schaffen. Die sogenannte Warranties & Indemnities Insurance, kurz W&I Versicherung, ist ein großer Mehrwert und Transaktionskatalysator und findet vermehrt Eingang in die österreichische M&A Praxis. Der Grund: Die Konkurrenz unter den Versicherern für den österreichischen Markt nimmt weiter zu und auch die angebotene Deckung hat sich in den letzten Jahren stark verbessert bei niedrigeren Prämien.

Die W&I Versicherung soll unbekannte Risiken der Transaktion absichern. Ziel ist 95% des Gewährleistungskatalogs im Kaufvertrag durch die W&I Polizze abzusichern und somit das Risiko des Verkäufers auf den Versicherer zu übertragen. Der Käufer ist in 98% aller Fälle Versicherungsnehmer und wendet sich bei einem Gewährleistungsbruch direkt an die Versicherung. Der Rückgriff auf den Verkäufer ist zumeist ausgeschlossen (ausgenommen Vorsatz und Arglist).

Die W&I Versicherung ermöglicht auch eine verbesserte Deckung und zwar durch entsprechende „enhancements“ wie beispielsweise

  • ein Knowledge Scrape (objektive Deckung der Gewährleistungsklausel anstatt nach Wissen des Verkäufers),
  • verlängerte Gewährleistungsfristen sowie
  • erweiterte versicherungsnehmerfreundliche Definitionen und
  • höhere Haftungsgrenzen.

Weitere Vorteile sind

  • das Absehen von aufgeschobenen Kaufpreiszahlungen und Treuhandkonstruktionen
  • Angebotsverbesserung in einem kompetitiven Auktionsprozess
  • Streitvorbeugung nach der Transaktion, wenn Unternehmensgründer im Management des Unternehmens verbleiben sowie mehrere Verkäufer involviert sind
  • großer Haftungsfonds der Versicherer (Rating S&P A- oder höher) – bei natürlichen Personen als Verkäufer wesentlich, aber auch bei Unternehmen ohne Rating oder im Rahmen von Insolvenzverkäufen wichtig

Die Prämien liegen üblicherweise bei ca 1% der Deckungssumme (Mindestprämien sind anwendbar). Üblicherweise liegt die Deckungssumme im Bereich 15-30% des Enterprise Value (die konkrete Deckungssumme hängt letztlich von der Transaktionsgröße ab). Im Immobilienbereich sehen die Versicherer von einem Selbstbehalt für Zwecke der Polizze ab, im operativen Bereich kann man mit einem Selbstbehalt im Ausmaß zwischen 0.25% und 0.5% des Enterprise Value rechnen.

Die Versicherer haben in den vergangenen Jahren auch in den Bereich Schadensbearbeitung investiert und interne Kapazitäten aufgebaut und stellen dadurch eine rasche Schadensabwicklung sicher (2019 wurde die überwiegende Mehrheit der Anträge innerhalb von 18 Monaten bearbeitet und bezahlt und davon der Großteil innerhalb 6 Monate). Auch hinsichtlich der Bereitschaft der Auszahlung eines Schadens sind die Versicherer wesentlich pragmatischer als die Verkäufer und verfolgen den Grundsatz berechtigte Forderungen rasch zu bezahlen.

Veronika Böhm (Marsh Austria GmbH)

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