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Newsletter Corporate/M&A Issue 3|2022

Grenzüberschreitende Umgründungen: Die Mobilitäts-Richtlinie der EU

3. Oktober 2022

Die Mobilitäts-Richtlinie der EU (Richtlinie 2019/2121) beinhaltet bekanntlich neue Regeln für grenzüberschreitende Umgründungen. Anlässlich der nahenden Umsetzungsfrist (31.01.2023) wollen wir den neuen einheitlichen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umwandlungsvorhaben kurz beschreiben.

Mit einer Vielzahl wegweisender Urteile („Centros“, „Überseering“, „Inspire Art“, „VALE“) hat der EuGH deutlich gemacht, dass es europäischen Unternehmen auf Grundlage der Niederlassungsfreiheit möglich sein muss, ihren Sitz im europäischen Binnenmarkt auch über Ländergrenzen hinweg zu verlegen. Außer für Verschmelzungen gab es dafür zunächst aber keinen gesicherten Rechtsrahmen. Diese Lücke soll die Mobilitäts-Richtlinie, die im Übrigen nur für Kapitalgesellschaften (GmbH, AG, SE) gilt, nun schließen.

Das sind die wesentlichen Neuerungen:

  • Die Mobilitäts-Richtlinie ersetzt die bisherigen Vorgaben für grenzüberschreitende Verschmelzungen sowie aus der Gesellschaftsrechts-Richtlinie und ergänzt um weitere grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen. Hier sind insbesondere die grenzüberschreitenden Formwechsel und grenzüberschreitende Spaltungen zur Neugründung zu nennen. Die (unserer Wahrnehmung nach gebräuchlichere) Spaltung zur Aufnahme ist nicht umfasst.
  • Bei allen grenzüberschreitenden Vorhaben ist zunächst ein Umwandungsplan zu erstellen, der die wichtigsten Informationen, Erläuterungen zur neuen Gesellschaftsform und den wirtschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen der Umwandlung enthält. Ein unabhängiger Sachverständiger hat den Umwandlungsplan zu prüfen. Der Umwandlungsplan und der Sachverständigenbericht sind öffentlich zugänglich zu machen.
  • Die Geschäftsleitungsorgane sind verpflichtet, für die Gesellschafter und Arbeitnehmer der an der Umwandlungsmaßnahme beteiligten Gesellschaften einen Verschmelzungs-, Formwechsel- bzw. Spaltungsbericht anzufertigen, der die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Umwandlung erläutert und begründet.
  • Nachdem die Gesellschafterversammlungen der beteiligten Gesellschaften dem Vorhaben durch Beschluss zugestimmt haben, erfolgt eine zweistu?ge Rechtmäßigkeitskontrolle: Zunächst überprüft die Behörde des Wegzugsstaates, ob die Voraussetzungen für die Durchführung des Vorhabens vorliegen und stellt bei positiver Prüfung eine Vorabbescheinigung aus (man kennt das in ähnlicher Form von den grenzüberschreitenden Verschmelzungen auf Basis des EU-Verschmelzungs-Gesetzes). Die Vorabbescheinigung wird anschließend über das seit 2017 existierende System zur Verknüpfung nationaler Unternehmensregister (Business Register Interconnection System – BRIS) an die Behörde des Zuzugsstaats übermittelt, die die Wirksamkeit der Umwandlungsmaßnahme ausschließlich nach nationalem Recht prüft. Liegen alle Voraussetzungen vor, wird das grenzüberschreitende Vorhaben mit Eintragung in den Handelsregistern der beteiligten Staaten wirksam.
  • Es wird einen einheitlichen Minderheitenschutz geben. Unter Umständen gibt es ein Austrittsrecht gegen Barabfindung, welches auch gerichtlich nachprüfbar ist. Stattdessen können Gesellschafter im Fall von Verschmelzung und Spaltung aber auch das Umtauschverhältnis bekämpfen und bare Zuzahlungen verlangen.
  • Was die Gläubiger betrifft ist lediglich ein „angemessenes Schutzsystem“ vorgeschrieben. Schutzwürdig sind solche Gläubiger, deren Forderungen vor Offenlegung des Plans entstanden, jedoch erst danach fällig geworden sind. Für Arbeitnehmer gibt es besondere Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte.

Während es etwa in Deutschland und den Niederlanden schon Entwürfe für die Umsetzung der Mobilitäts-Richtlinie gibt, hinkt der österreichische Gesetzgeber (wieder einmal) hinterher.

Mag. Gernot Wilfling / Dominika Szanto

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