Baulärm kann eine Belastung für Anrainer sein. Das Zivilrecht setzt klare, aber restriktive Grenzen, wann die Beeinträchtigungen durch Baulärm unzumutbar wird.
Bedeutung von Ort, Tageszeit, Dauer und Frequenz
Bei der Beurteilung von Lärmbelästigungen spielen nicht nur objektive, sondern auch subjektive Faktoren eine entscheidende Rolle. Neben der objektiv messbaren Lautstärke, Tageszeit, Dauer, Frequenz und Eigenart der Geräusche, ist ebenso die subjektiv empfundene Störwirkung aus Sicht eines durchschnittlichen Anwohners des betroffenen Gebiets entscheidend.
Die zentralen zivilrechtlichen Bestimmungen zu Immissionen, wozu auch Baustellenlärm zählt, sind im ABGB verankert. Wesentliche Regelungen finden sich in den Nachbarrechten (§ 364 ABGB) sowie in den mietrechtlichen Vorschriften (§ 1096 ABGB).
Nachbarschaftsrechte und Grenze der Duldungspflicht
Übermäßige Immissionen wie Lärm, Rauch oder Erschütterungen sind unzulässig, wenn sie das ortsübliche Maß überschreiten und die Nutzung des betroffenen Grundstücks wesentlich beeinträchtigen (§ 364 Abs 2 ABGB). Entscheidend ist im ersten Schritt eine doppelte Ortsunüblichkeit: Eine Beeinträchtigung muss sowohl intensiver als ortsüblich als auch untypisch für die Umgebung sein. Ein Untersagungsrecht besteht jedoch nur, wenn zusätzlich eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung des Grundstücks vorliegt. Da beide Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen, sind selbst ortsunübliche Immissionen hinzunehmen, wenn sie die Nutzung nicht wesentlich stören. Umgekehrt sind jedoch auch ortsübliche Immissionen zu akzeptieren, selbst wenn sie die Nutzung erheblich beeinträchtigen.
Besonders geschützt sind aber behördlich genehmigte Anlagen (§ 364a ABGB). Diese sind selbst dann zu dulden, wenn sie das ortübliche Ausmaß überschreiten und die ortübliche Nutzung der betroffenen Liegenschaft wesentlich beeinträchtigen. Als Kompensation steht ein Ausgleichanspruch zu. Ausnahmen von der Duldungspflicht bestehen bei gesundheitlichen Gefährdungen oder wenn behördliche Auflagen missachtet werden. In solchen Fällen können Betroffene auch bei behördlich genehmigten Anlagen iSd § 364a ABGB Unterlassungsansprüche geltend machen.
Bestandsverträge
Von Baulärm sind nicht nur Eigentümer, sondern häufig auch Mieter oder Pächter betroffen. Sie können sich entweder direkt gegen den Störer (§ 364 Abs 2 ABGB) oder gegen ihren Vermieter richten (§ 1096 ABGB). Vermieter müssen das Bestandobjekt in brauchbaren Zustand erhalten und Störungen unterbinden.
Bei erheblichen Beeinträchtigungen kommt eine Mietzinsminderung in Betracht. Als Richtwert gelten 10 bis 25 Prozent. Generell ist die Judikatur jedoch eher restriktiv. Ein vorab erklärter Verzicht auf dieses Recht ist unwirksam. Allerdings sind ortsübliche und unvermeidbare Baugeräusche grundsätzlich hinzunehmen.
Schadenersatz aufgrund gesundheitsschädigenden Baulärms
Falls Baulärm nachweislich gesundheitliche Schäden verursacht, ist ein deliktischer Schadenersatzanspruch im Einzelfall zu prüfen. Dies setzt jedoch eine erhebliche und andauernde Lärmbelastung voraus, die nachweislich zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Solche Ansprüche sind in der Praxis schwer durchzusetzen, da hohe Anforderungen an den Kausalitätsnachweis bestehen.
Fazit
Das Zivilrecht bietet grundsätzlich Schutz vor unzumutbarem Baulärm, setzt aber durchaus Grenzen. Die Beurteilung der Unzumutbarkeit ist jedenfalls einzelfallabhängig.
Mathias Ilg
Kriterien |
Lautstärke, Dauer, Frequenz und subjektive Störwirkung zählen. |
Nachbarschaftsrecht |
Baulärm ist nicht zu dulden, wenn er das ortsübliche Maß überschreitet und die Nutzung des betroffenen Grundstücks wesentlich beeinträchtigt (§ 364 Abs 2 ABGB) |
Bestandsverträge |
bei erheblicher Beeinträchtigung kommt eine Mietzinsminderung (10-25% als Richtwert) in Betracht ortsübliche und unvermeidbare Baugeräusche sind grundsätzlich hinzunehmen |
Schadenersatz |
bei erheblicher und andauernder Lärmbelastung, die nachweislich zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt |
Artikel aus dem Bau- und Immobilienreport 03 2025 als Download.