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Newsletter Kapitalmarktrecht Issue 5|2016

Zahlreiche Neuerungen bei Wertpapierprospekten

15. September 2016

Die EU-Kommission plant bis Ende 2019 die Schaffung eines integrierten europäischen Kapitalmarkts („Kapitalmarktunion“). Eine der Maßnahmen, die in diesem Zusammenhang geplant sind, ist eine komplette Überarbeitung des Regimes für Kapitalmarktprospekte. Die bestehende Prospektrichtlinie, die in Österreich im Wesentlichen im Kapitalmarktgesetz umgesetzt ist, soll durch eine europaweit unmittelbar anwendbare Prospektverordnung ersetzt werden.


Der erste Entwurf sieht folgende wesentlichen Änderungen vor:

  • Öffentliche Wertpapierangebote sollen jedenfalls erst ab einem Angebotsvolumen von EUR 500.000 dem europäischen Prospektregime unterliegen. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus bis zu einem Angebotsvolumen von EUR 10 Millionen aus dem europäischen Prospektregime hinausoptieren. Diese Schwelle liegt derzeit bei EUR 5 Millionen und wird durch den österreichischen Gesetzgeber dahingehend ausgenutzt, dass er für öffentliche Angebote unter EUR 5 Millionen generell nur einen vereinfachten Prospekt verlangt, welcher rein nationalen Anforderungen zu entsprechen hat. Ob Österreich den Anwendungsbereich des vereinfachten Prospekts entsprechend ausweiten wird, ist derzeit nicht überliefert.
  • Nicht zu verwechseln mit diesem “österreichischen” vereinfachten Prospekt, welcher in § 7 Abs 8a KMG und Schema F KMG geregelt ist, soll es künftig auch auf europäischer Ebene einen vereinfachten Prospekt geben. Diesbezügliche Vorgaben enthält der Entwurf der Prospektverordnung für Emissionen von KMUs sowie im Fall von Sekundäremissionen durch börsennotierte Unternehmen.
  • Die Möglichkeit der Einbeziehung von Informationen in den Prospekt in Form eines Verweises soll ausgeweitet werden.
  • Emittenten werden die Möglichkeit haben, jährlich ein Registrierungsformular billigen zu lassen. Wird dieses bei Vorliegen nachtragspflichtiger Umstände regelmäßiger aktualisiert, sollen Emissionen auf Basis eines solchen Registrierformulars signifikant beschleunigt werden (geplant ist eine Vorlaufzeit von lediglich fünf Tagen).
  • Neben diesen strukturellen Änderungen, wird es auch zu inhaltlichen Detailänderungen kommen, etwa beim Umfang und der Darstellung der Risikofaktoren und beim Format der Prospektzusammenfassung.

Der öffentliche Konsultationsprozess zum Entwurf ist bereits abgeschlossen und der Ball liegt nun beim Europäischen Parlament und beim Rat der EU. Diese sollen ihre Beratung noch im Herbst abschließen und bis 30.11.2016 über die neue Prospektverordnung beschließen. Dem Vernehmen nach könnte die Prospektverordnung bereits im Frühjahr 2017 anwendbar sein.

Mag. Mathias Ilg, MSc