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Newsletter Capital Markets/Finance Issue 1|2017

Wissenswertes zum Börserecht: Corporate Governance Evaluierung

18. Januar 2017

Der Arbeitskreis für Corporate Governance gibt mit dem Österreichischen Corporate Governance Kodex („ÖCGK“) ein Regelwerk heraus, welchem sich börsenotierte Unternehmen durch „freiwillige“ Selbstverpflichtung unterwerfen müssen. Der ÖCGK enthält zusätzliche Governance-Bestimmungen für die Rechtsunterworfenen, wobei nach drei Regelkategorien mit unterschiedlichem Grad an Verbindlichkeit zu unterscheiden ist: 

  • L-Regeln („Legal Requirement“) geben lediglich ohnehin zwingend einzuhaltende gesetzliche Normen (insbesondere aus dem AktG, BörseG und UGB) wider. 
  • C-Regeln („Comply or Explain“) haben in aller Regel einen über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehenden Inhalt und sollen von den Rechtsunterworfenen zusätzlich eingehalten werden; Abweichungen von C-Regeln sind gut erkennbar und leicht auffindbar im jährlichen Corporate-Governance-Bericht zu erklären. Insbesondere ist zu beschreiben, in welcher Weise und warum abgewichen wurde und auf welchem Weg innerhalb der Gesellschaft die Entscheidung dafür getroffen wurde. Gegebenenfalls ist auch die anstelle der normkonformen Maßnahme tretende Maßnahme zu beschreiben (insbesondere wie diese zur Erreichung des von der C-Regel bezweckten Ziels oder zur guten Unternehmensführung beiträgt). Dabei sind Standardfloskeln zu vermeiden und es ist auf spezifische Merkmale und Gegebenheiten der Gesellschaft einzugehen. 
  • R-Regeln („Recommendation“) sind mittlerweile die Ausnahme und haben – auch ob ihres reinen Empfehlungscharakters – untergeordnete Bedeutung.

Mit der jüngsten Reform des ÖCGK im Jänner 2015 wurden nicht nur die oben erläuterten Vorgaben für die Begründung beim Abweichen von C-Regeln und ein neuer Aufbau für den jährlich Corporate Governance-Bericht vorgesehen, sondern es wurde auch die externe Evaluierung deutlich aufgewertet. Als C-Regel ist nun vorgeschrieben, dass Rechtsunterworfene die Einhaltung aller C-Regeln mindestens alle drei Jahre extern evaluieren lassen. Über das Ergebnis einer solchen Evaluierung, die auch zum Beratungsangebot unserer Kapitalmarktpraxis zählt, ist im Corporate-Governance-Bericht zu berichten.

Aufgrund zahlreicher gesetzlicher Änderungen, insbesondere im BörseG rund um die Umsetzung der EU-Marktmissbrauchsverordnung, sind mehrerer L-Regeln im ÖCGK nicht mehr aktuell. Wir gehen daher davon aus, dass es demnächst zu einer weiteren Novelle des ÖCGK kommen wird. Bis dahin ist dieser jedenfalls keine verlässliche Auskunftsquelle im Hinblick auf österreichisches Börserecht und dem Gesetz bzw der Marktmissbrauchsverordnung entgegenstehende L-Regeln des ÖCGK sind nicht anwendbar.

MAG. MATHIAS ILG

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