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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht Issue 3|2018

Wer bei Hauptversammlungsbeschlüssen nicht mitstimmen darf

26. Februar 2018

Die Hauptversammlungs-Saison steht wieder bevor. Wir befassen uns aus diesem Anlass nachstehend mit dem Stimmverbot gemäß § 125 AktG: „Niemand kann für sich oder für einen anderen das Stimmrecht ausüben, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob er zu entlasten oder von einer Verbindlichkeit zu befreien ist oder ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll. Für Aktien, aus denen ein Aktionär gemäß dem ersten Satz das Stimmrecht nicht ausüben kann, kann das Stimmrecht auch nicht durch einen anderen ausgeübt werden.

Als Grundregel ist dazu zunächst festzuhalten, dass Aktionäre nicht generell von der Beschlussfassung in eigener Sache ausgeschlossen sind. Vielmehr zielt das aktienrechtliche Stimmverbot auf typische Konfliktsituationen ab: Niemand soll sich selbst entlasten oder sonst von Verbindlichkeiten befreien oder die Geltendmachung von Ansprüchen gegen sich selbst verhindern können. Das Stimmverbot gilt für Vorstandsmitglieder auch dann, wenn über den Entzug des Vertrauens durch die Hauptversammlung oder über einen Antrag auf Sonderprüfung iZm der Entlastung des Vorstandsmitglieds oder der Einleitung eines Rechtsstreits zwischen ihm und der AG entschieden wird. Legt der Vorstand dagegen eine Geschäftsführungsmaßnahme gemäß § 103 Abs 2 AktG der Hauptversammlung zur Beschlussfassung vor, darf er auch selbst über diesen Antrag mitstimmen.

„Grundfall“ des Stimmverbots ist die Stimmrechtsausübung direkt durch Organmitglieder, die auch Aktionäre der AG sind, oder durch deren Bevollmächtigte. Organmitglieder halten Aktien aber häufig nicht direkt, sondern über zwischengeschaltete Gesellschaften („Aktionärsgesellschaften“). Solche Aktionärsgesellschaften unterliegen unter den vorgenannten Umständen dem Stimmrechtsverbot, wenn das Organmitglied maßgeblichen Einfluss auf sie ausüben kann. Bei Kapitalgesellschaften soll dies in der Regel nur bei Beteiligungs- oder Stimmrechtsmehrheit der Fall sein (rechtlich abgesicherte Einflussnahmemöglichkeit erforderlich). Bei Personengesellschaften soll es ausreichen, dass die befangene natürliche Person die Geschäfte der OG allein führt oder einziger Komplementär der KG ist (Einflussnahmemöglichkeit auf Geschäftsführung ausreichend). Ist bloß ein Mitglied des Leitungsorgans einer Aktionärsgesellschaft befangen iSd § 125 AktG, darf dieses die Aktionärsgesellschaft zwar nicht auf der Hauptversammlung vertreten, die Stimmrechtsausübung durch ein unbefangenes Mitglied des Leitungsorgans soll dann aber grundsätzlich möglich sein. Ist kein Mitglied des Leitungsorgans unbefangen, unterliegt die Aktionärsgesellschaft dem Stimmverbot.

Unter eingeschränkten Umständen sollen sogar Aktionäre, die nicht Organmitglieder sind, ausschließlich aufgrund ihrer Beteiligung an anderen (befangenen) Kapitalgesellschaften einem Stimmverbot unterliegen können (im Detail ist hier Vieles strittig).

Stimmverbotswidrig abgegebene Stimmen sind ungültig und dürfen vom Vorsitzenden der Hauptversammlung nicht mitgezählt werden. Werden solche Stimmen dennoch berücksichtigt und wäre ein Beschluss ohne die unrechtmäßig mitgezählten Stimmen nicht zustande gekommen, ist der Beschluss anfechtbar. Wird ein Beschluss durch stimmverbotswidrig abgegebene Stimmen verhindert, kann innerhalb der aktienrechtlichen Anfechtungsfrist Klage auf Feststellung des richtigen Beschlussergebnisses erhoben werden.

Mag. Mathias Ilg, MSc.

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