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Newsletter Corporate/M&A Issue 2|2018

Unternehmenskauf im Bieterverfahren aus Sicht des Käufers

19. Dezember 2018

M&A-Berater empfehlen verkaufswilligen Unternehmern häufig, ein Bieterverfahren durchzuführen. Aus dem dadurch entstehenden Wettbewerb zwischen den Kaufinteressenten erwartet man sich insbesondere Erlösmaximierung. Aus Sicht des Käufers ist nicht nur dieser Aspekt suboptimal. Kaufinteressenten müssen im Bieterprozess mehrere Phasen durchlaufen, die vom M&A-Berater des Verkäufers vorgegeben werden. Mit Ausnahme von börsenotierten Zielgesellschaften gibt es für die Strukturierung von Bieterverfahren keine besonderen gesetzlichen Vorschriften (zu beachten sind lediglich allgemeine Vorgaben wie die „guten Sitten“ und die Vermeidung einer culpa in contrahendo-Haftung). Entsprechend verkäuferfreundlich sehen die Prozesse daher in der Praxis aus.

Zwar unterscheiden sich die einzelnen Phasen in jedem Einzelfall im Detail (indikatives/unverbindliches Angebot, Durchführung der Due Diligence, finales/bindendes Angebot und Kommentierung des Kaufvertragsentwurfs etc). Eines gilt aber wohl für jedes Bieterverfahren: Bis zur Abgabe des bindenden Angebots (und damit noch vor einer allfälligen exklusiven/bilateralen Verhandlungsmöglichkeit) sind bereits hohe (interne und externe) Kosten aufgelaufen, die leicht frustriert sein können.

Bis zur Entscheidung des Verkäufers über die bindenden Angebote hat man im Bieterprozess meist keine Ahnung, ob man ein bevorzugter Bieter ist. Aus rechtlicher Sicht ist hier zu betonen, dass die Wahl des Käufers letztlich dem Verkäufer obliegt und auch ein preisliches Bestgebot nicht zwingend den Zuschlag bedeuten muss. Sprechen andere Gründe (etwa besonders gute strategische Perspektiven) für einen anderen Kaufinteressenten, kann der Verkäufer in der Regel gefahrlos diesen anderen Interessenten wählen. In die (Haftungs-)Gefahr begibt sich der Verkäufer freilich dort, wo ein Kaufinteressent über Umstände in die Irre geführt wurde. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn ein Interessent nur (weiter) zugelassen wird, um basierend auf dessen (erwartetem) hohen Angebot den Preisdruck auf einen bevorzugten Bieter zu erhöhen, obwohl der Verkäufer nie ernsthaft erwogen hat, an diesen Interessenten zu veräußern. Dass dies für den letztlich trotz preislich tollem Angebot nicht zum Zug gekommenen Interessenten in der Regel außerordentlich schwierig nachzuweisen ist, bedarf hier keiner besonderen Erwähnung.

Auch in der Phase exklusiver Verhandlungen ist man als Käufer im Bieterprozess meist in keiner besonders komfortablen Position. Verkäuferseitig wird (etwa durch sehr kurze Exklusivitätsvereinbarungen) in der Regel versucht, großen Zeitdruck aufzubauen und die Verhandlungsposition zu stärken. Aus Käufersicht wichtig ist, dass mit einer Exklusivitätszusage auch die Zusage einer Kostenübernahme für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen verbunden ist (optimalerweise für den gesamten Prozess und nicht bloß für die exklusive Verhandlungsphase).

Die hier beschriebenen Nachteile aus Käufersicht führen dazu, dass manche Kaufinteressenten Bieterverfahren grundsätzlich ablehnen. Diese Einstellung führt freilich dazu, dass einige interessante Zielobjekte nicht in Frage kommen. Sinnvoller scheint uns daher, mit höchster Wachsamkeit in ein Bieterverfahren zu gehen, von Beginn an auf ein möglichst transparentes Verfahren in Bezug auf alle Verfahrensschritte zu drängen und gegebenenfalls frühzeitig aus dem Prozess wieder auszusteigen.

Mag. Gernot Wilfling

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