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Newsletter Startups und Wachstumsfinanzierung Issue 1|2021

Umwandlung von GmbH in AG: Weshalb und wie geht es?

5. März 2021

Die perfekte Idee, ein tolles Team und das gegossen in die Unternehmensform der GmbH. Die GmbH ist in Österreich eine der meist gewählten Gesellschaftsformen und es gibt gute Gründe, warum man bei ihr landet. Doch was tun, wenn das Unternehmen wächst und die Ambitionen immer größer werden? Die deutlich weniger populäre Aktiengesellschaft bietet vor allem solchen Jungunternehmen (oft unterschätzte) Vorteile, die viel Kapital benötigen, um finanzierungsintensive Vorhaben voranzutreiben.

Ungeachtet dessen wird die Aktiengesellschaft als Rechtsform oft mit großen, börsenotierten Gesellschaften assoziiert. Tatsächlich ist nur ein Bruchteil der österreichischen Aktiengesellschaften börsenotiert. Die Gründe, diese Rechtsform zu wählen, sind vielfältig und gehen weit über ein angestrebtes Börselisting (für welches man zwingend eine AG oder allenfalls eine Societas Europaea braucht) hinaus.

Ein Grund könnte etwa die im Vergleich zur GmbH deutlich abweichende, auch komplexere Governance der AG sein. Jede AG hat zwingend einen Aufsichtsrat, der von der Hauptversammlung gewählt wird und wiederum den Vorstand als geschäftsleitendes Organ bestellt. Was zunächst eher nach einem Nachteil klingt, hat auch einen entscheidenden Vorteil: Vorstandsmitglieder sind (anders als Geschäftsführer einer GmbH) gegenüber anderen Organen weisungsfrei und während ihrer (maximal fünfjährigen) Amtsperiode nur aus bestimmten, gesetzlich genau vorgegebenen Gründen absetzbar. Aufsichtsräte, die zumindest in wichtigen Geschäftsführungsmaßnahmen um Zustimmung gefragt werden müssen, sind ebenfalls weisungsfrei. Rein rechtlich betrachtet haben Aktionäre der AG damit keine Möglichkeit, auf die laufende Geschäftsführung Einfluss zu nehmen. Mit steigendem Einfluss von Investoren im Gesellschafterkreis kann man sich durch die AG also mehr Entscheidungsfreiheit in der Geschäftsführung sichern.

Ein Vorteil für die Aktionäre selbst ist, dass sie im Gegensatz zu den GmbH-Gesellschaftern mit ihren Anteilen nicht im Firmenbuch eingetragen werden. Aktien sind auch viel leichter übertragbar, weil hier (anders als bei GmbH-Geschäftsanteilen) keine notarielle Mitwirkung erforderlich ist. Das ist vor allem dann ein entscheidender Vorteil, wenn es öfters zu Anteilsübertragungen kommt. Die AG ist insofern sogar deutlich unbürokratischer als die GmbH.

Das Aktienrecht kennt mit dem genehmigten Kapital, dem bedingten Kapital und vor allem auch der Möglichkeit zum Rückerwerb eigener Aktien Institute, die Dispositionen über das Aktienkapital durch den Vorstand (allenfalls unter Mitwirkung des Aufsichtsrats) in bestimmtem Rahmen zulassen. Das Aktienrecht ist insoweit sogar flexibler als das GmbH-Recht und erleichtert etwa M&A-Transaktionen unter Beteiligung der Eigentümer der Zielgesellschaft am eigenen Kapital. Insbesondere aber lassen sich in der AG aufgrund der vorgenannten Institute, vor allem aber aufgrund der fehlenden Notariatsaktspflicht bei Anteilsübertragungen, Mitarbeiterbeteiligungsmodelle, bei denen man die Mitarbeiter als echte Miteigentümer am Unternehmen beteiligt, viel leichter umsetzen. In unserem Berateralltag haben wir gerade erst wieder erlebt, wie motivierend es für Schlüsselmitarbeiter sein kann, Aktionär „seiner“ Gesellschaft zu werden. Bei virtuellen Beteiligungsmodellen ist dieser Effekt dagegen unserer Wahrnehmung nach oft deutlich weniger stark.

Und nicht zuletzt kann das Anstoßen einer Umwandlung von GmbH auf AG bei komplexen Gesellschafterstrukturen auch helfen, eine (seitens bestimmter Gesellschafter gewünschte) Debatte über Einfluss und Mitsprache im Eigentümerkreis dezent anzustoßen. Im Zuge einer Umwandlung sind aufgrund der anderen Organstruktur nämlich bestehende Syndikatsverträge im Regelfall neu zu fassen oder zumindest umfassend zu adaptieren. 

Rein rechtlich ist der formwechselnde Umwandlungsprozess von GmbH auf AG gar nicht so kompliziert. Anders als bei anderen Umgründungsvorgängen ändert die Gesellschaft nämlich nicht ihr „Rechtskleid“, das heißt es bleibt der gleiche Rechtsträger und es kommt nicht zu Vermögensübertragungen. Es ändert sich, wie der Name schon sagt, lediglich die Rechtsform. Im Wesentlichen sind folgende Schritte erforderlich:

  • Gerichtliche Bestellung eines Wirtschaftsprüfers als Umwandlungsprüfer (auf Antrag der Gesellschaft; macht die Gesellschaft dem Firmenbuchgericht einen Dreiervorschlag, wählt das Gericht den Prüfer in der Regel aus diesem Dreiervorschlag);
  • Aufstellung einer Umwandlungsbilanz auf den Umwandlungsstichtag (macht in der Regel der Steuerberater der Gesellschaft; liegt der letzte Jahresabschluss nicht länger als neun Monate zurück, kann man rückwirkend zum Stichtag des letzten Jahresabschlusses umwandeln, was die Aufstellung der Umwandlungsbilanz erheblich erleichtert);
  • Beschlussfassung mit Dreiviertelmehrheit in der Generalversammlung der Gesellschaft (notarielle Beurkundung; in dieser Generalversammlung werden im Regelfall auch der Abschlussprüfer und der erste Aufsichtsrat gewählt; beträgt das Stammkapital der Gesellschaft unter EUR 70.000, ist außerdem eine Kapitalerhöhung auf mindestens EUR 70.000 zu beschließen und durchzuführen);
  • Umwandlungsbericht der Gesellschafter;
  • Umwandlungsbericht des Vorstands und des Aufsichtsrats;
  • Prüfungsbericht des Wirtschaftsprüfers, der zum Umwandlungsprüfer bestellt wurde;
  • Firmenbuchantrag auf Eintragung der Umwandlung im Firmenbuch (notarielle Beglaubigung).

Dass mit dem Umwandlungsprozess und dem laufenden Betrieb der AG eine zusätzliche Kostenbelastung einhergeht (etwa für Berater, Abschlussprüfer und Aufsichtsräte), will ich nicht wegleugnen. Deswegen ist die AG auch für noch ganz junge Startups nicht geeignet. Mit fortschreitendem Reifegrad von Wachstumsunternehmen ist sie aus obigen Gründen jedoch eine echte – meines Erachtens häufig zu Unrecht außen vor gelassene – Option. 

Mag. Valentina Treichl, BA

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