Mit 01.02.2023 tritt das neue Wertpapierfirmengesetz in Kraft. Damit wird ein neuer Aufsichtsrahmen für MiFID-Wertpapierfirmen geschaffen, der einerseits die Eigenmittel- und Kapitalanforderungen („K-Faktoren“) harmonisiert, andererseits neue Liquiditätsanforderungen sowie Berichterstattungs- und Offenlegungspflichten für Wertpapierfirmen (WPF) vorsieht. Und natürlich wird das Spektrum an Leistungen, welche Wertpapierfirmen künftig erbringen dürfen, erheblich erweitert (insbesondere um den Eigenhandel und die Loroemission). Nachfolgend stellen wir einige Details vor.
Neuerdings sollen Wertpapierfirmen je nach Art, Umfang, Risikogehalt und Komplexität ihrer Geschäfte spezifische Anforderungen erfüllen. Demzufolge haben nicht verflochtene Wertpapierfirmen lediglich gewisse Mindeststandards einzuhalten, da von diesen Unternehmen keine oder nur eine minimale Gefahr für die Finanzmarktstabilität ausgeht. Außerdem werden der FMA – als zuständige Aufsichtsbehörde – zusätzliche Befugnisse zugewiesen.
Durch das neue WPFG, das auf alle nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018) konzessionierten Wertpapierfirmen anzuwenden sein wird, erfolgt eine einfache Klassifizierung von Wertpapierfirmen, an welche dann risikospezifische Aufsichtsvorschriften anknüpfen. In der IFR werden drei Klassen von WPF definiert:
Systemrelevante Wertpapierfirmen (Klasse 1-WPF): Klasse 1-WPF üben bankähnliche Tätigkeiten aus und verfügen über Vermögenswerte iHv mind. 30 Milliarden Euro. Sie benötigen weiterhin eine Konzession als Kreditinstitut. Die Regelung unterstützt demnach stringente bank- und wertpapieraufsichtsrechtliche Bestimmungen.
Mittelgroße Wertpapierfirmen (Klasse 2-WPF): Klasse 2-WPF unterliegen einem neuen, maßgeschneiderten Aufsichtsregime des WPFG. Dieses sieht unter anderem eine auf die individuellen konzessionierten Tätigkeiten und Dienstleistungen determinierte Höhe des Anfangskapitals vor.
Kleine und nicht verflochtene Wertpapierfirmen (Klasse 3-WPF): Für diese Klasse sollen nur gewisse Mindeststandards gelten. Etliche Bestimmungen sind daher auch auf Klasse 3-WPF nicht anwendbar (bspw. Bestimmungen über die Behandlung von Risiken und Vergütung oder über die interne Unternehmensführung). WPF sollen prinzipiell über solide, wirksame und umfassende Regelungen, Strategien und Verfahren verfügen, mit denen sie die Höhe, die Arten und die Verteilung des internen Kapitals und der liquiden Aktiva, die sie zur quantitativen und qualitativen Absicherung der Risiken kontinuierlich bewerten, auf einem ausreichend hohen Stand halten können. Auf Klasse 3-WPF ist diese Bestimmung nicht anwendbar, jedoch soll der FMA die Ermächtigung eingeräumt werden, Klasse 3-WPF dieser Verpflichtung zu unterwerfen und Verordnungen zu erlassen, in welchen nähere Kriterien festgelegt werden.
Darüber hinaus nimmt die FMA bzw deren Kompetenzausweisung als zuständige Aufsichtsbehörde eine zentrale Rolle im WPFG ein. Die Befugnisse der FMA beinhalten ua die Überprüfung des aufsichtsrechtlichen Status von WPF sowie deren eingeführten Regeln, Strategien, Verfahren und Mechanismen. Die FMA kann zudem, falls notwendig, Änderungen in den Bereichen der internen Unternehmensführung und Kontrolle sowie Risikomanagementverfahren verlangen. Darüber hinaus soll die FMA ggfs zusätzliche Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen vorschreiben können.
Weitere Bestimmungen und Details der Regierungsvorlage zum Wertpapierfirmengesetz finden Sie hier.
Mag. Melike Okulmus