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Newsletter Corporate/M&A Issue 1|2023Standardentwürfe für Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht
09.02.2023
Die EFRAG (die Europäische Beratergruppe für Rechnungslegung), die zur Ausarbeitung von verbindlichen europäischen Berichtsstandards beauftragt wurde, hat 12 Standardentwürfe für Nachhaltigkeitsberichtsstandards (European Sustainability Standards, die „ESRS“) vorgelegt. Diese werden sich aus sektorunabhängigen, sektorspezifischen und organisationsspezifischen Standards zusammensetzen und legen Berichterstattungspflichten für verpflichtete Unternehmen fest. Die ESRS bestehen aus zwei übergreifenden Standardentwürfen, fünf Standardentwürfen zum Thema Umwelt, vier Standardentwürfen zum Thema soziale Aspekte und ein Standardentwurf zum Thema Governance. Die ESRS sind ein weiterer Meilenstein in der Harmonisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Zur Erinnerung: Seit kurzem ist die Richtlinie (EU) 2022/2464 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, die „CSRD“) in Kraft und nun binnen 18 Monaten in nationales Recht umzusetzen, die ESRS konkretisieren die Berichtspflicht nach CSRD weiter. Vorgesehen ist übrigens ein zeitlich gestaffeltes Inkrafttreten wie folgt:
- ab 01.01.2024: für Unternehmen, die bereits der Vorgängerrichtlinie 2014/95/EU (NFRD) unterlagen (erste Berichterstattung 2025);
- ab 01.01.2025: für große Unternehmen (gem § 221 UGB), die nicht der NFRD unterlagen (erste Berichterstattung 2026); und
- ab 01.01.2026: für börsenotierte KMU sowie für kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen (erste Berichterstattung 2027) mit einer Opt-Out-Möglichkeit bis 2028.
Die wichtigsten Punkte und Neuerungen aus den ESRS:
- Reduktion des Erfüllungsaufwands: Trotz Beibehaltung der grundsätzlichen Struktur der CSRD wurden die Berichtpflichten sowie die Zahl der Offenlegungsanforderungen und damit der Erfüllungsaufwand der Unternehmen erheblich reduziert (nähere Details dazu können Sie den Standards auf der Website der EFRAG selbst entnehmen).
- Wesentlichkeitsbestimmungen durch Unternehmen: Nach dem Verständnis der CSRD sind Unternehmen verpflichtet, sowohl über die Auswirkungen des eigenen Geschäftsbetriebs auf Mensch und Umwelt als auch über die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen zu berichten. Es war in der CSRD angedacht, dass grundsätzlich – wenig abgrenzend – jedes Nachhaltigkeitsthema als wesentlich und somit berichtspflichtig anzusehen ist. Nur mit entsprechender Erläuterung, wieso die Angabe unterblieben ist, konnte dies umgangen werden (die sogenannte Rebuttable Presumption). Nun ist in den ESRS eine unternehmensindividuelle Wesentlichkeitseinschätzung gefordert, sodass auf die Angabe unwesentlicher Informationen verzichtet werden kann.
- Einstimmiges Kosten-Nutzen-Profil: Die EFRAG selbst sieht, nach der Äußerung einiger kritischer Stimmen, selber keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Gesamtkosten-Nutzen der übermittelten ESRS unvereinbar ist mit den vorgegebenen politischen Zielen der CSRD. Zum Beleg dafür hat die EFRAG der Kommission auch ein Dokument zur Kosten-Nutzen-Analyse übermittelt. Die EFRAG ist der Ansicht, dass die Kosten den jeweiligen Nutzen, einschließlich des Nutzens für die Gesellschaft und die Umwelt, nicht übersteigen werden.
Die Entwürfe sind nun von der Kommission mit den Mitgliedstaaten abzustimmen und werden in der Folge als delegierte Verordnungen erlassen (voraussichtlich im Juni 2023). Der Nachhaltigkeitsberichtserstattung unter Anwendung der ESRS wird von den Verpflichteten übrigens in einem eigens dafür vorgesehenen Abschnitt im Lagebericht nachzukommen sein.
Mag. Melike Okulmus