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Newsletter Kapitalmarkt- und Bankrecht, FinTechs Issue 2|2023

Das umfangreiche Retail-Investment-Package wurde angenommen

4. Juli 2023

Die Kommission hat am 24.05.2023 ein Paket zu Investitionen von Kleinanleger:innen angenommen, in dessen Mittelpunkt die Interessen der Verbraucher:innen bei einschlägigen Investitionen stehen (das Retail Investment Package – „RIP“). Beim RIP handelt es sich um eine EU-Omnibus-Richtlinie, die als solche also bereits bestehende Richtlinien ergänzt bzw ändert. Dies gilt namentlich für die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II), die Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD), die Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), die Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD) und zuletzt die Richtlinie über die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II). Das RIP besteht zusätzlich aus einer Änderungsverordnung, mit der die Verordnung über Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP) überarbeitet wird.

Das übergeordnete Ziel des RIP besteht darin, die EU als Anlageplatz für Bürger:innen noch sicherer für die langfristige Anlagetätigkeit zu machen, indem Kleinanleger:innen dabei unterstützt werden, Anlageentscheidungen zu treffen, die ihren individuellen Bedürfnissen und Präferenzen entsprechen. Es soll sichergestellt werden, dass die Kleinanleger:innen fair behandelt werden und angemessen geschützt sind.

Das (aus unserer Sicht durchaus umfangreiche und ambitionierte) Paket verfolgt im Detail im Wesentlichen folgende Ziele:

  • Verbesserung der Informationsbereitstellung für Kleinanleger:innen über Anlageprodukte und -dienstleistungen, sodass diese aussagekräftigere und standardisierte Informationen erhalten;
  • die Erhöhung der Transparenz von Kosten bei den Produkten;
  • Hintanhaltung potenzieller Interessenkonflikte beim Vertrieb von Anlageprodukten, indem Anreize für reine Verkäufe (d.h. ohne Beratung) verboten werden, und Gewährleistung wird, dass die Finanzberatung mit den Interessen der Kleinanleger:innen im Einklang steht.
  • Schutz der Kleinanleger:innen vor irreführenden Marketingpraktiken, durch Klarstellung der Verantwortung von Finanzintermediär:innen (also Berater:innen) für die Nutzung (und den Missbrauch) ihrer Marketing-Mitteilungen, auch wenn diese über soziale Medien oder über Prominente oder andere Dritte, die dafür eine Vergütung oder Anreize erhalten, verbreitet werden;
  • Wahrung hoher Standards hinsichtlich der beruflichen Qualifikation von Finanzberater:innen;
  • Gewährleistung, dass alle Kleinanleger:innen mindestens einmal jährlich einen klaren Überblick über die Anlageentwicklung ihres Portfolios erhalten;
  • Abbau des bürokratischen Aufwands und Verbesserung der Zugänglichkeit von Produkten und Dienstleistungen für erfahrene Kleinanleger:innen, indem die Kriterien für die Anerkennung als professionelle/r Anleger:innen verhältnismäßiger gestaltet werden; sowie
  • Verbesserung der aufsichtlichen Zusammenarbeit auf EU-Ebene, damit die zuständigen nationalen Behörden und die Europäischen Aufsichtsbehörden leichter die Wirksamkeit und einheitliche Anwendung der Vorschriften in der gesamten EU sicherstellen und gemeinsam Betrug und Fehlverhalten bekämpfen können.

Das vorgelegte RIP hat sohin einen ziemlich weiten Anwendungsbereich und berücksichtigt den gesamten Investitionsprozess auf Verbraucher:innenseite. Es wurde gerade erst durch die Kommission angenommen und nun folgen die üblichen Trilog-Verhandlungen. Es könnte also durchaus noch zu Änderungen kommen und natürlich fehlen in diesem Stadium noch viele technische Details der Umsetzung.

Mag. Melike Okulmus

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