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Newsletter Kapitalmarktrecht Issue 4|2016

Kündigung von Anleihen bei Spaltung der Emittentin

18. August 2016

Der OGH hat sich kürzlich erstmals zur Kündigung von Anleihen im Zuge von Spaltungen geäußert. Im konkreten Fall hatte die beklagte Bank (Emittentin) ihren „Non-Core-Bereich“ auf ihre Alleinaktionärin abgespalten. Die in Frage stehende Ergänzungskapitalanleihe (§ 23 Abs 7 BWG alt) wurde dagegen dem „Core-Bereich“ zugeordnet und verblieb bei der Emittentin.  

Im Rahmen der Spaltung kündigte die Emittentin die Ergänzungskapitalanleihe gestützt auf § 15 Abs 5 SpaltG. Dieser sieht vor, dass Anleihegläubigern und Genussrechtsinhabern im Falle der Spaltung gleichwertige Rechte zu gewähren oder die Änderung der Rechte oder das Recht selbst angemessen abzugelten sind. Daraus leitete die Emittentin eine außerordentliche Kündigung mit Wirkung der Eintragung im Firmenbuch ab und gab den angemessenen Abgeltungsbetrag in der Wiener Zeitung bekannt. In den Anleihebedingungen war die Kündigung ausdrücklich ausgeschlossen.  

Die klagende Versicherung begehrte die Feststellung, dass die Ergänzungskapitalanleihe weiterhin wirksam aufrecht ist. In diesem in letzter Instanz vom OGH entschiedenen Fall beschäftigte sich das Höchstgericht zunächst mit dem vertraglichen Kündigungsausschluss, ließ aber dahingestellt, ob ein solcher auch für die außerordentliche Kündigung zulässig ist. Ein Grund für eine Kündigung durch die – zuvor staatlich gerettete – Emittentin bestünde nämlich nicht. Ihre wirtschaftliche Situation sei allein der Emittentin zuzurechnen. Sie selbst habe die Spaltung vorgenommen und damit in ihrer Sphäre den Grund gesetzt, auf den sie jetzt ihre Kündigung zu stützen versucht. Eine Interessenabwägung komme nicht zum Ergebnis, der Emittenten sei das Aufrechterhalten des Vertrags unzumutbar.  


In der Folge beschäftigte sich das Höchstgericht mit § 15 Abs 5 SpaltG (der auf europarechtlichen Vorgaben beruht). Es kam zum Ergebnis, dass eine Ergänzungskapitalanleihe bei richtlinienkonformer Interpretation weder eine Schuldverschreibung, noch ein Genussrecht im Sinne von § 15 Abs 5 SpaltG sei. Außerdem gestünde der europäische Gesetzgeber Anleiheemittenten bei der Spaltung kein einseitiges Kündigungsrecht zu. Die in § 15 Abs 5 SpaltG genannte Gewährung gleichwertiger Rechte habe jedenfalls Vorrang (einschränkende Interpretation entgegen dem Wortlaut).
 


Im Ergebnis konnte die beklagte Bank daher die im Zuge der Spaltung bei ihr verbliebene Ergänzungskapitalanleihe nicht aus Anlass der Abspaltung ihres „Non-Core-Bereichs“ auf ihre Alleinaktionärin kündigen.

Mag. Gernot Wilfling

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