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Newsletter Corporate/M&A Issue 1|2016

Jahresabschluss: Was, wenn sich Geschäftsführer nicht einig sind?

13. September 2016

Die Erstellung des Jahresabschlusses liegt bekanntlich in der Verantwortung der Geschäftsführer, und zwar aller. Der Jahresabschluss ist von sämtlichen Geschäftsführern zu unterschreiben und innerhalb von neun Monaten nach dem Bilanzstichtag beim Firmenbuchgericht des Sitzes der Gesellschaft einzureichen. Wie ist jedoch die Rechtslage, wenn sich die Geschäftsführer über den Jahresabschluss nicht einigen können und die zeitgerechte Einreichung beim Firmenbuch unterbleibt?  


§ 283 Unternehmensgesetzbuch (UGB) sieht vor, dass bei nicht rechtzeitiger Einreichung des Jahresabschlusses (unter anderem) Zwangsstrafen zu verhängen sind. Die Firmenbuchgerichte machen in den letzten Jahren von der Verhängung solcher Strafen nach unserer Beobachtung verstärkt Gebrauch. Unterbleibt die rechtzeitige Offenlegung, sind nach dieser Bestimmung (neben der Gesellschaft) auch die Geschäftsführer zur Befolgung der Offenlegungsvorschriften durch Zwangsstrafen anzuhalten. Dabei trifft die Zwangsstrafandrohung sämtliche Mitglieder des Vertretungsorgans.  


Die Geschäftsführer könnten einer solchen Zwangsstrafe dann entgehen, wenn sie nachweisen können, dass ihnen die rechtzeitige Offenlegung infolge eines unvorhergesehenen und oder unabwendbaren Ereignisses unmöglich war. Der Oberste Gerichtshof verneint eine solche „Unmöglichkeit“ bzw fehlendes Verschulden allerdings regelmäßig. So auch bei einer Uneinigkeit zwischen zwei Geschäftsführern über den Jahresabschluss, die eine verspätete Einreichung zur Folge hat (OGH 6 Ob 214/15).

Bestehen daher zwischen zwei Geschäftsführern derart gravierende Differenzen, dass ein von einem Geschäftsführer erstellter Jahresabschluss vom anderen nicht unterfertigt wird, wäre zunächst zu versuchen, die Situation durch Weisungen der Gesellschafter zu bereinigen.  Falls dies nicht gelingt, hätte der eine Geschäftsführer einen vorläufigen, nur von ihm unterschriebenen Jahresabschluss mit dem Vermerk einzureichen, dass der andere Geschäftsführer die Unterfertigung verweigert hat.

Dr. Michael Straub, LL.M.

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