Das Europäische Parlament hat vor wenigen Wochen den Vorschlag der Europäischen Kommission vom November 2021 für eine Änderung der European Long Term Investment Funds (ELTIFs)-Verordnung (ELTIF-VO) abgesegnet (reformierte ELTIF-VO). Eine Reform ist in der Branche schon sehnsüchtig erwartet worden, vor allem aufgrund der komplizierten Vorschriften für die Auflage und den Vertrieb von ELTIFs kamen diese bei Investmenthäusern, Vermittler:innen und Kund:innen bisher nur bedingt an. Nun dürfte ein Neustart für diese Fonds nicht ausgeschlossen sein.
Die 2015 in Kraft getretene ELTIF-VO sollte ursprünglich ein europäisches Anlageinstrument zur Förderung langfristiger Investitionen in die Realwirtschaft, also in Infrastruktur wie Straßen, Energienetze und andere langfristig orientierte Sachwerte, schaffen. Dementsprechend sind mindestens 70% des Kapitals eines ELTIF in bestimmte ebensolche Vermögenswerte zu investieren gewesen. Die ersten Fonds dieser recht neuen Produktgattung kamen 2015 auf den Markt, das Angebot nimmt allerdings erst seit rund zwei Jahren etwas zu. Bislang gibt es europaweit laut ESMA gerade einmal 85 zugelassene ELTIFs. Auch in Österreich sind ELTIFs bislang im Prinzip bedeutungslos.
Viel Kritik übten Marktteilnehmer:innen insbesondere an den restriktiven Anlage- und Finanzierungsbestimmungen sowie an der Zugangsbeschränkung für Privatanleger:innen durch eine Mindestinvestitionssumme von EUR 10.000 (und einer Maximalinvestitionssumme von EUR 500.000). Der europäische Gesetzgeber konnte bisher mit der ELTIF-VO den Bedürfnissen der Anleger:innengruppen – unter anderem durch mangelnde Differenzierung dieser in der ELTIF-VO – in Summe nur unzureichend gerecht werden.
Klingt etwas kompliziert – war es auch. Für freie Anlageberater:innen war die Vermittlung solcher Fonds bislang mit einigen Hürden verbunden, unter anderem aufgrund der oben genannten Restriktionen, aber auch aufgrund der umfangreichen Verpflichtungen, die sie trafen.Vor der reformierten ELTIF-VO unterlagen sie, unter anderem, der Verpflichtung die Assets, in die ein solcher Fonds investiert, detailliert vorzustellen. Darüber hinaus mussten sie erfragen, ob die lange Laufzeit von meist mehr als zehn Jahren dem Anlagehorizont des Investors entspricht. Die zusätzlichen Aufklärungs-, Abfrage- und Dokumentationspflichten waren nicht nur umständlich, sondern erforderten auch speziell zu etablierende interne Prozesse.
Nun kommen folgende wesentliche Neuerungen:
- Für Kleinanleger:innen entfällt die Mindestanlagesumme von EUR 10.000 und es gibt auch keine Mindestanforderungen für deren Vermögen mehr;
- Herabsetzung der Mindestanlageschwelle in zulässige Anlagen auf 60% und die Anhebung der Anlagehöchstgrenzen (für einzelne Sachwerte zB von 10% auf 20%) sowie eine weitgehende Ermöglichung von Dachfondsstrukturen. Weiter ist geplant für professionelle Anleger:innen eine Fremdkapitalaufnahme von bisher 30% nun bis zu 50% bzw 100% des Kapitals zuzulassen;
- Und schließlich soll es ein erleichtertes Pflichtenregime für Vermittler:innen und Anlageberater:innen geben. Es soll nun der Vertrieb von langfristigen europäischen Investmentfonds durch eine Angleichung der ELTIF-Eignungsprüfung an die Prüfung nach den Vorgaben der MiFID II vereinfacht werden.
Die auf den Weg gebrachte reformierte ELTIF-VO wurde in der Fondsbranche bislang einhellig begrüßt. Die reformierte ELTIF-VO wird voraussichtlich noch im März 2023 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und im ersten Quartal 2024 in Kraft treten.
Mag. Melike Okulmus