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Newsletter Privatstiftungen Issue 1|2022

Begünstigte als Beteiligte in Schiedsverfahren?

25. Februar 2022

1. Einleitung

Es gibt viele Wege Konflikte in der Privatstiftung zu lösen. Neben den staatlichen Gerichten, gibt es auch die die Möglichkeit der Streitbeilegung vor einem Schiedsgericht. Mit der gegenüber staatlichen Gerichten betonten Privatheit, dürfte die Schiedsgerichtsbarkeit geradezu auf Privatstiftungen zugeschnitten sein. Entsprechend häufiger finden sich Schiedsklauseln in Stiftungserklärungen (siehe zu diesem Thema auch unseren Newsletter Privatstiftungen Issue 8|2021).

Auch der OGH (14.04.2021, 18 OCg 1/21b) war jüngst als letzte und einzige Aufhebungsinstanz in einem Schiedsverfahren involviert. Im Verfahren vor dem Schiedsgericht verlangte die Begünstigte einen Betrag iHv EUR 1.631.000,- von der Privatstiftung. Interessanter als die dem Schiedsverfahren zugrunde liegenden Streitpunkte und Erwägungen des Schiedsgerichts sind die Aussagen des OGH zu seiner Zuständigkeit.

2. Die konkrete Entscheidung OGH 14.04.2021, 18 OCg 1/21b

Ein Schiedsverfahren, als Abweichung vom gesetzlichen Normalfall „staatliche Gerichtsbarkeit“, muss zunächst ausdrücklich vereinbart werden. Dies geschah hier in der Stiftungszusatzurkunde. Die Problematik liegt jedoch darin, dass die Zivilprozessordnung sehr hohe Schutzanforderungen für den Fall einer Verbraucherbeteiligung in einem Schiedsstreit stellt. Das Gesetz unterscheidet danach, ob einerseits die Streitparteien Verbraucher und Unternehmer sind (B2C) oder andererseits ein Verbraucher beteiligt ist, unabhängig davon, wer der andere Teil ist (zB C2C).

Zum Schutz des Verbrauchers ist Wirksamkeitsvoraussetzung, dass die Schiedsvereinbarung in einem vom Verbraucher eigenhändig unterschriebenen Dokument vereinbart wird, das sonst keine andere Vereinbarung enthalten darf. Darüber hinaus ändert sich der Instanzenzug für die Aufhebungsklage. Diese wäre nicht, wie im Fall einer B2B Streitigkeit, direkt beim OGH einzubringen, sondern bei einem Landesgericht.

Da eine Privatstiftung in aller Regel nicht Unternehmerin ist und die Begünstigten Verbraucher, läge der oben beschriebene zweite Fall einer bloßen Verbraucherbeteiligung vor. Wegen der Schutzvorschriften (separates Dokument), wäre es in diesem Fall aber nicht möglich, eine schiedsgerichtliche Streitbeilegung in der Stiftungserklärung wirksam anzuordnen.

In der Literatur wird daher eine Reduktion des Anwendungsbereichs von § 617 Abs 2 ZPO für Gesellschaftsverträge und Stiftungserklärungen vertreten, was der OGH jedoch ablehnte (OGH 16.12.2013, 6 Ob 43/13m). Doch hat sich der OGH in dieser Entscheidung mit dieser Bestimmung gar nicht auseinandergesetzt, sondern bloß mit der Frage des korrekten Instanzenzugs. Diesbezüglich meinte er recht knapp, dass bei der Geltendmachung von Ansprüchen einer Begünstigten gegenüber einer Privatstiftung das für die Zuständigkeit des Landesgerichts (§ 617 Abs 8 ZPO) notwendige Über- und Unterordnungsverhältnis nicht vorliegt. Diese Bestimmung könne auf Schiedsklauseln in Stiftungserklärungen daher nicht zur Anwendung kommen. Auch wenn das Ergebnis zu begrüßen ist, bleibt die Begründung schwammig. Der Wortlaut des § 617 Abs 8 ZPO verlangt nämlich gar kein Über- und Unterordnungsverhältnis, sondern lediglich eine Verbraucherbeteiligung. Wahrscheinlicher ist, dass der OGH diese Norm in einem Gleichordnungsverhältnis (zB C2C) nicht anwenden möchte (siehe dazu auch den ausführlichen Beitrag von Czernich in JEV 2/2022, erscheint voraussichtlich im April).

3. Fazit

Unklar bleibt, ob Schiedsklauseln in der Stiftungserklärung für die Begünstigten bindend sind oder ob es einer isolierten Schiedsvereinbarung bedarf. Im konkreten Fall war die Begünstigte gerade an der Zuständigkeit des Schiedsgerichts interessiert, weshalb diese Frage nicht streiterheblich war. Jedoch kann man mit guten Gründen annehmen, dass die Bestimmung, wonach eine isolierte Schiedsvereinbarung bei Verbraucherbeteiligung notwendig ist (§ 617 Abs 2 ZPO), in Zusammenhang mit Privatstiftungen gleichermaßen zu reduzieren ist. Auf C2C Fälle wäre § 617 Abs 2 ZPO daher ebenfalls nicht anwendbar.

Das Private Clients Team von Müller Partner Rechtsanwälte unterstützt Sie im Anlassfall bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche sowie auch bei der Errichtung und Änderung Ihrer Stiftungserklärung. Gerne stehen wir für eine umfassende Beratung persönlich, wie auch telefonisch oder per Videokonferenz zur Verfügung.

DDr. Katharina Müller, TEP / Dr. Martin Melzer, LL.M.

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